Das Handwerk in Ostsachsen[1] blickt mit großer Sorge in die Zukunft. Das zeigt die aktuelle Herbstkonjunkturumfrage der Handwerkskammer Dresden. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Geschäftsklimaindex deutlich gefallen. Stand das Geschäftsklima vor einem Jahr noch bei 121 Punkten und im Frühjahr bei 110 Punkten, liegt der Wert nun bei 85 Punkten. Das ist der niedrigste Wert seit langem.
Dies liegt insbesondere an den pessimistischen Erwartungen der Unternehmen in die Zukunft. Während die aktuelle Auftragslage größtenteils noch vergleichsweise gut ist, blicken die Firmen mit großer Sorge nach vorn. Die explodierenden Energiepreise, die stark gestiegenen Material- und Rohstoffpreise, steigende Zinsen und unterbrochene Lieferketten sowie die Inflation verunsichern die Unternehmen massiv.
„Die steigenden Kosten und der gleichzeitige Einbruch der Nachfrage lässt die Handwerksfirmen derzeit äußerst pessimistisch in die nahe Zukunft blicken. Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand. Manche Firmen plagen Existenzängste“, sagt Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden. „Um die Sorgen der Unternehmen zu lindern, muss die Politik aktiver werden. Denn solche Preis-Entwicklungen gefährden Geschäftsmodelle. Solche Preisentwicklungen gefährden Arbeitsplätze und Unternehmen.“
Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden, betont: „Seitens der Politik auf Bundes- und Landesebene brauchen die
Betriebe in diesen Zeiten eine klare Linie, um wieder Ruhe und Berechenbarkeit in die Märkte zu bekommen. Es braucht Leitlinien und kluge Strategien statt spontanen Ankündigungen und blindem Aktionismus.“
Ergebnisse der Herbstkonjunkturanalyse 2022
43 Prozent der Betriebe bewerten ihre derzeitige Geschäftslage als gut. Im Vorjahr waren es noch 61 Prozent. Während der Anteil der Betriebe mit befriedigender Geschäftslage auf 40 Prozent steigt, hat sich gleichzeitig der Anteil der Betriebe, die eine schlechte Geschäftslage melden, im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. In diesem Herbst berichten 16 Prozent der Unternehmen von schlechten Geschäften.
Für das kommende Quartal erwarten 48 Prozent der Betriebe eine gleichbleibende Geschäftslage, wobei es sich in diesen Fällen zu großen Teilen um Betriebe handelt, die im aktuellen Quartal eine gute Lage melden. Gleichzeit erwarten jedoch 47 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung der Geschäftslage.
Für das dritte Quartal meldet jeder zweite Betrieb eine gleichbleibende Umsatzentwicklung. 23 Prozent der Unternehmen berichten von gestiegenen,
24 Prozent von sinkenden Umsätzen. Zu letzteren zählt insbesondere das Gesundheitshandwerk – hier melden knapp zwei von drei Betrieben Umsatzrückgänge. Für das kommende Quartal erwarten in sämtlichen Branchen mehr Betriebe sinkende als wachsende Umsätze.
Die aktuelle Auftragslage im ostsächsischen Handwerk ist geringfügig schlechter als im Vorjahr. 56 Prozent der Inhaber melden einen für die Jahreszeit üblichen und weitere 16 Prozent einen überdurchschnittlichen Auftragsbestand. Im Vorjahr hatten noch zwei von drei Unternehmen von normalen Auftragsbeständen berichtet. Den Rückmeldungen zufolge erwartet jeder zweite Betrieb im kommenden Quartal eine rückläufige Auftragsentwicklung, wobei insbesondere im Gesundheits- und dem Lebensmittelhandwerk, aber auch im Bauhandwerk ein erheblich höherer Anteil der Betriebe die weitere Entwicklung pessimistisch einschätzt.
Nahezu alle Betriebe berichten von gestiegenen Einkaufspreisen. Es sind stolze 92 Prozent. Für die kommenden Monate erwarten die Unternehmen keine Entspannung. 94 Prozent rechnen auch im kommenden Quartal mit Preissteigerungen im Einkauf.
Dies hat Auswirkungen auf die Verkaufspreise. 61 Prozent der Handwerksfirmen haben bereits ihre Preise angehoben. 70 Prozent der Firmen wollen künftig ihre Preise anheben.
Den Rückmeldungen zu Folge sind die Firmen zurückhaltend bei künftigen Investitionen. Die Bereitschaft entsprechende Gelder in die Hand zu nehmen ist rückläufig. 55 Prozent der Firmen rechnen mit sinkenden Investitionsausgaben. Dies kann sicherlich auch mit den steigenden Zinsen begründet werden.
Hintergrund:
Für die aktuelle Herbstkonjunkturanalyse wurden im September 3.178 der insgesamt rund 22.000 Mitgliedsbetriebe befragt. Die Rücklaufquote der Befragung betrug dabei rund 20 Prozent und die Umfrageergebnisse gelten als repräsentativ. Der komplette Konjunkturbericht steht unter
www.hwk-dresden.de/konjunktur zum Download zur Verfügung.
Sonderumfrage zu Energie- und Materialpreisen
Acht von zehn Handwerksfirmen im Kammerbezirk Dresden müssen heute mehr für Energie ausgeben als vor einem Jahr. Während sich viele frühere Krisen nur auf wenige Branchen begrenzten, zeigen sich aktuell nur sehr geringfügige Unterschiede zwischen den Branchen. Fast das gesamte ostsächsische Handwerk verzeichnet nach einer Sonderumfrage[2] der Handwerkskammer Dresden gestiegene Kosten.
80 Prozent der Kfz-Betriebe berichten von höheren Energiekosten, 79 Prozent sind es im Bauhandwerk. Die geringste Betroffenheit verzeichnet das Handwerk für den gewerblichen Bedarf. 70 Prozent dieser Unternehmen berichten von Preiserhöhungen – auch hier ist die Betroffenheit dennoch enorm.
Für die von Ehrhöhungen betroffenen Betriebe haben sich die Energiekosten laut unserer Umfrage seit Oktober 2021 um durchschnittlich 77 Prozent erhöht.
Fast alle Unternehmen berichten von gestiegenen Materialpreisen und Lieferketten-Unterbrechungen. Lediglich 8 Unternehmen von den 531 Firmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, geben an, weder von dem einen noch dem anderen betroffen zu sein.
96 Prozent der Betriebe berichten höhere Materialpreise zahlen zu müssen. 68 Prozent der Unternehmen geben Probleme bei der Verfügbarkeit von Materialien an. Nahezu jeder dritte Betrieb meldet Einschränkungen der Verfügbarkeit bei Metall und Elektronik-Komponenten, jeder fünfte Betrieb berichtet über fehlende Kunststoff-Produkte. Jeder zweite Betrieb im Ausbau-Handwerk berichtet von ausbleibenden Metallen und Elektronik-Komponenten. Im Bauhandwerk klagt jeder zweite Betrieb über fehlende Dämmstoffe. Im Kfz-Handwerk fehlen drei von vier Firmen Elektronik-Komponenten. Im Lebensmittelhandwerk berichten sieben von zehn Unternehmen über fehlende Rohstoffe.
Jeder zweite Handwerksbetrieb in Ostsachsen meldet Preissteigerungen bei Metallen und jeder dritte bei Kunststoffen, Elektronik-Komponenten und Holz. 79 Prozent der Unternehmen im Lebensmittelhandwerk bilanzieren teurere Rohstoffpreise.
Schlussfolgerungen und Forderungen
Der von den Energiepreisschocks und hoher Inflation geprägte Herbst wirft einen Schatten auf die konjunkturellen Aussichten des ostsächsischen Handwerks. Die Stimmung in den Unternehmen hat sich stark verschlechtert, der Pessimismus deutlich zugenommen. Um gegenzusteuern und weitere Härten für die Betriebe abzufedern, ist die Politik gefragt.
Die Handwerkskammer Dresden spricht sich für folgende Maßnahmen aus:
- All-In bei der Energieerzeugung. Noch immer werden nicht alle verfügbaren Kapazitäten genutzt.
- Eine Absenkung der Steuern für Energie auf das europäische Mindestmaß, um die Kostenbelastung für die Unternehmen zu senken.
- Die schnellstmögliche Einführung des Gaspreisdeckels auch für kleinere und mittlere Unternehmen.
- Einführung einer Strompreisbremse.
- Hilfsprogramme zum Ausgleich von Härten für Unternehmen.
[1] Zum Kammerbezirk der Handwerkskammer Dresden gehören die Landkreise Bautzen, Görlitz, Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie die Landeshauptstadt Dresden.
[2] Von Anfang bis Mitte Oktober hat die Handwerkskammer Dresden Handwerksbetriebe in Ostsachsen nach ihren Erfahrungen mit Energie- und Materialpreisen befragt. 531 Unternehmen haben an der Befragung teilgenommen und geantwortet.