Urlaubsrecht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

© Steffen Mueller Fotografie

Urlaubsrecht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Neuere Entwicklungen im Urlaubsrecht

Das Urlaubsrecht ist ein Teilgebiet des Arbeitsrechts, welches durch die jüngste Rechtsprechung vielfältigen Veränderungen und Konkretisierungen unterworfen wurde. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die Entwicklungen im Blick behalten, um Nachteile zu vermeiden.

Abweichungen von nachfolgenden Erläuterungen können sich zum Beispiel aus arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbarten Abweichungen ergeben.

  1. Urlaub und Kurzarbeit - Geringer Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit „Null“

     

    Arbeitgeber sind zur Urlaubskürzung während der Kurzarbeit berechtigt. Arbeitnehmer erwerben für die Zeiträume, in denen sie wegen Kurzarbeit „Null“ durchgehend nicht gearbeitet haben, keine Urlaubsansprüche. Da die Arbeitspflicht während dieser Zeit aufgehoben ist, entstünden auch keine Urlaubsansprüche. Der Arbeitgeber könne daher den Jahresurlaub anteilig kürzen, wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf) mit Urteil vom 12. März 2021 (Az.: 6 Sa 824/20) entschied.

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits in seiner Entscheidung mit Urteil vom 8. November 2012, Az.: C-229/11 festgestellt, dass im Zusammenhang mit Kurzarbeit Urlaubsansprüche nur dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht hat.

    In dem zugrundeliegenden Sachverhalt befand sich die Klägerin ab dem 1. April 2020 aufgrund der Corona-Pandemie bis Dezember wiederholt in Kurzarbeit „Null“. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese durchgehend.

    Nach den Feststellungen des LAG Düsseldorf hat die Klägerin aufgrund der Kurzarbeit „Null“ in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Der Jahresurlaub 2020 stehe ihr daher vielmehr nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Die LAG-Richter führten dazu aus, dass für jeden vollen Monat der Kurzarbeit „Null“ der Urlaub um ein Zwölftel zu kürzen sei. Zweck des Erholungsurlaubs sei, dass sich der Arbeitnehmer während dieser Zeit erholen könne. Dies setze eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Während der Kurzarbeit seien die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben, so dass Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln seien. Auch deren Erholungsurlaub sei anteilig zu kürzen.

    Diese Bewertung stehe im Einklang mit dem Europäischen Recht. Das LAG Düsseldorf verweist insoweit auf die Rechtsprechung des EuGH. Dieser habe bereits entschieden, dass während Kurzarbeit „Null“ der europäische Mindesturlaubsanspruch gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entstehe. Im deutschen Recht gebe es dazu keine günstigere Regelung. So bestehe diesbezüglich weder eine Spezialregelung für Kurzarbeit noch ergebe sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Vor allem sei Kurzarbeit „Null“ nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vergleichbar. Daran ändere auch der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts.

    Das LAG Düsseldorf hat die Revision zugelassen.

    Der Zentralverband des Deutschen Handwerks empfiehlt Arbeitgebern ihre betroffenen Arbeitnehmer über eine solche Kürzung zu unterrichten.

  2. Kein Verfall von Urlaubsansprüchen ohne Hinweis des Arbeitsgebers

    Der Arbeitgeber muss aktiv auf Resturlaub im Kalenderjahr hinweisen und die Möglichkeit geben, den Urlaub in natura zu nehmen, andernfalls verfällt der kalenderjährliche (Mindest-)Urlaub nicht.

    Nach § 7 Absatz 3 des Bundesurlaubsgesetzes verfällt der kalenderjährliche Urlaub mit Ablauf des 31. Dezember. Eine Übertragung erfolgt nur dann, wenn betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der wirksamen Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden, also bis Ende März. Das BAG hat mit Urteil vom 19. Februar 2019 (Az.: 9 AZR 541/15) entschieden, dass vorgenannte Rechtsfolge nur noch eintritt, wenn der Arbeitnehmer durch arbeitgeberseitige Aufklärung individuell, rechtzeitig und hinreichend genau über den bestehenden Resturlaub und den Verfall informiert wird.

    Der Arbeitgeber ist daher gut beraten, den Arbeitnehmer auf den bevorstehenden Verfall hinzuweisen und ihn rechtzeitig in die Lage zu versetzen, den Urlaub im laufenden Jahr noch nehmen zu können.

    Besonderheiten können sich aufgrund betrieblicher oder tariflicher Vereinbarungen ergeben, so etwa im Baugewerbe oder im Maler- und Lackiererhandwerk.

    Hinweis: Nicht abschließend geklärt ist, ob der Arbeitgeber die Mitwirkungsobliegenheit auch gegenüber langzeiterkrankten Arbeitnehmern erfüllen muss!

    Ob der Arbeitgeber auch Arbeitnehmer, die aufgrund einer andauernden Krankheit arbeitsunfähig sind, über den Verfall des Urlaubsanspruchs informieren muss, damit der Urlaubs nach 15 Monaten nach Ende des Kalenderjahres (EuGH Urteil v. 22.01.2012, Az. C-214/10), in dem der Urlaub entstanden ist, verfallen kann, ist Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH.

  3. Vererbbarkeit des Urlaubsanspruchs

    Den Erben steht ein Abgeltungsanspruch im Hinblick auf den vom Erblasser im laufenden Arbeitsverhältnis nicht genommenen Urlaubsanspruch zu. Das BAG entschied dies nunmehr mit Urteil vom 22. Januar 2019 – Az.: 9 AZR 45/16 im Hinblick auf den gesetzlichen Mindesturlaub gemäß § 3 BurlG. Auch der arbeitsvertragliche Mehrurlaub sowie der gesetzliche Zusatzurlaub sind vererblich.

    Hinweis: Für den vertraglichen Mehrurlaub kann die Vererbbarkeit arbeits-oder tarifvertraglich ausgeschlossen werden.

  4. Urlaub und Elternzeit

    Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers kann während einer Elternzeit in Vollzeit dann um jeweils 1/12 gekürzt werden, wenn der betreffende Arbeitnehmer vom ersten bis zum letzten Tag des Kalendermonats in Elternzeit in Vollzeit ist. Dies ergibt sich aus § 17 BEEG. Von dem Kürzungsrecht muss der Arbeitgeber aktiv Gebrauch machen. Dies kann formlos geschehen. Der Arbeitgeber sollte jedoch sicherstellen, einen Nachweis über den Empfang der Erklärung durch den Arbeitnehmer zu haben. Die Regelung steht im Einklang mit dem Europäischen Recht, das bestätigte der EuGH am 6. November 2019 (Az.: C -619/16 und C- 684/16).  

  5. Urlaub und Sonderurlaub/Sabbatical

    Das BAG entschied mit Urteil vom 19. März 2019 – 9 AZR 315/17: Während der Zeiten der unbezahlten Freistellung auf Wunsch des Arbeitnehmers steht dem Arbeitnehmer kein Urlaubsanspruch zu. Dies ist nur folgerichtig, da durch die Vereinbarung die gegenseitige Befreiung von den beiderseitigen Hauptleistungspflichten erfolgt.  Der Zeitraum des Sabbaticals ist bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 BUrlG mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Diese Handhabung hat das BAG auch mit Urteil vom 21. Mai 2019 – 9 AZR 259/18 erneut bestätigt.

Stand: 09.04.2021

Ansprechpartner

Arbeits - und Sozialrecht
Uta Görbert

Telefon: 0351 4640-453
Fax: 0351 4640-34453
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